12. Stuttgarter Zeitungslauf 2005 (HM)
 
 

Laufveranstaltung: 12. Stuttgarter Zeitungslauf am 05.06.2005, 21,095 Km
Homepage: http://www.stuttgarter-zeitung-lauf.de/home/index.php
Beschaffenheit und Profil: 99,99% Asphalt, 100 Meter Tartanbahn, prinzipiell flach mit vereinzelten Steigungen an Brücken und Unterführungen.
Wetter: Heiter bis wolkig, 13-17 Grad, in der Sonne mehr, windig.
Teilnehmer: 9.697 Finisher
Zeit und Platzierung: 1:42:31
2098. insgesamt, 476. von 1617 in M40
Laufbericht:

Ich beginne mit dem obligatorischen VWKGJ (Vorwettkampfgejammere):
Bis vor 2 Wochen lief das Training sehr gut. Dann bin ich unglücklich mit dem Fahrrad umgefallen (nein, keine Details, bitte auch keine Angebote für Stützräder), habe mir die linke Brust geprellt und musste das Training schmerzbedingt drastisch reduzieren. Seit 3 Tagen ist auch noch das linke Auge geschwollen, hat vermutlich Zug beim Autofahren gekriegt. Außerdem wiege ich 4 Kilo zuviel und bin seit dem Bonn-Marathon 2004 keinen ernsthaften Wettkampf gelaufen. HM-Distanz sowieso erst zweimal, wobei die Bestzeit von 1:43:11 aus dem 1. Versuch vom Mai 2003 stammte, der zweite Versuch war eher ein Debakel. Wo ich jetzt leistungsmäßig stehe, war mir nicht ganz klar. Ich wusste aus den Trainingszeiten, dass eine 1:50er Zeit locker ist, eine neue PB wahrscheinlich und eine Zeit unter 1:40 nicht völlig utopisch. Endgültig festlegen wollte ich mich aber erst unterwegs, vorausgesetzt, meine geprellte Brust macht bei dauerhaft hohen Geschwindigkeiten keinen Ärger. Im Abschlusstraining habe ich nach dem ersten Kilometer nichts mehr von ihr gespürt. Mehr Ausreden fallen mir jetzt aber wirklich nicht mehr ein, ich hoffe ihr seid nicht zu enttäuscht.
VWKGJ-Ende

Samstag war ich auf der Laufmesse in der Schleyer-Halle, habe die Startunterlagen abgeholt und mich etwas umgeschaut. Große Teile der Strecke sind ein Heimspiel für mich, da diese auf meiner langen Runde am Neckar liegen. Allerdings laufe ich sonst auf den kleinen Wegen und nicht auf der Hauptstrasse. Versteh gar nicht, warum die nicht immer für mich gesperrt wird ...
Start und Ziel sind am (bzw. im) Gottlieb-Daimler-Stadion, wobei dort zur Zeit eine große Baustelle ist (Fußball-WM 2006 lässt grüßen). Daher war auch die Teilnehmerzahl beim HM auf 10.500 beschränkt, die Veranstaltung war komplett ausgebucht.
Abends vor Mitternacht schlafen gegangen, der Wecker piepste heute morgen um 06:15, die kurzen Laufsachen angezogen, ein altes Hemd übergeworfen und nach einem leichten Frühstück und diversen Trödeleien ging es um 07:30 zur S-Bahn und zum Stadion. Nicht die Startnummer war der Fahrschein, sondern ein Begleitheft zur Veranstaltung, ich hab das aber nur für die Hinfahrt mitgeschleppt und dann weggeschmissen. Theoretisch nur in Verbindung mit dem Personalausweis gültig, muss man den immer bei Laufwettbewerben dabeihaben? Merkwürdige Idee, aber es wurde bestimmt eh den ganzen Tag nicht kontrolliert.
Den ökumenischen Gottesdienst um 08:15 habe ich knapp verpasst, ebenfalls den Start der HM-Inliner um 08:45, da ich in dringenden Geschäften anstand. Statt der sonst üblichen Dixi-Klos konnten die Toiletten in Schleyer-Halle und Stadion benutzt werden, und überall kam man auf der Damentoilette sofort dran (als Dame natürlich nur), während sich an den Herrentoiletten lange Schlangen bildeten. Verkehrte Welt!
Gestartet wurde in 3 Blöcken, wobei nur der erste ernsthaft kontrolliert wurde, die beiden anderen mischten sich munter. Da ich mir vorgenommen hatte, schnell zu laufen, stellte ich mich relativ weit vorne im zweiten Block auf, entledigte mich meines alten Hemdes und wartete auf den Startschuss. Ich überdachte nochmal kurz meine Ziele und die Taktik, versuchte vergeblich Zwischenzeiten zu rechnen, die ich mir natürlich nicht vorher notiert hatte und wurde endlich durch den Startschuss von diesem unsinnigen Grübeln erlöst. Auf gehts!

Irgendwie war es ganz schön voll und kam mir langsam vor. Da ich mit Zick-Zack-Laufen und Überholaktionen noch nie gute Erfahrungen gemacht hatte, trabte ich im Tross und sagte mir, das wird sich schon bald etwas entzerren. Völlig überrascht stoppte ich den 1. Km dann in 4:37. Das fühlte sich jetzt sehr komfortabel an und war dabei noch 7 Sekunden schneller, als die KM-Zeit, die ich für 1:39:59 brauche. Geht da vielleicht was heute? Die nächsten Kilometer waren optisch eher langweilig, da es in einem Bogen um die Mercedes-Werke ging. Stimmung war aber sehr gut, viele Zuschauer und dann und wann eine kleine Band und die Zeiten mit 4:38, 4:30, 4:49 und 4:48 im Rahmen. Kurz vor km 5 konnte ich dann endlich mein kleines Schwämmchen anfeuchten, das ich in der rechten Hand trug und einen großen Becher Wasser über Mund, Kopf und T-Shirt schütten. Große Plastikbecher funktionieren beim Trinken auch nicht besser als kleine, aber ich konnte am Ende gut den Schwamm eintauchen und musste dafür kein zweites Mal abbremsen. Wasserstationen waren ab hier alle 2.5 km vorgesehen und zusätzlich bei Km 10 ein Energiedrink, das sollte reichen. Der Trink-Km war mit 4:54 prompt etwas langsamer. Ich ließ mir auf meinem Forerunner sowohl die Gesamt-Durchschnittsgeschwindigkeit als auch die jeweilige Km-Zeit anzeigen, theoretisch hatte ich mit meinem momentanen 4:42er Schnitt noch etwas Vorsprung. Praktisch kamen aber seit km 3 die Schilder immer erst etwas nach dem Punkt, an dem mein GPS meinte, einen Km vollzuhaben. Enweder hat sich einer von beiden geirrt oder ich bin am Anfang zu weit von der Ideallinie abgewichen. Ausrechnen konnte ich das alles aber nicht und nahm mir vor, den Sachverhalt im Auge zu behalten und später zu entscheiden, wo die Zeit wieder reingeholt wird. Da das Läuferfeld nun schon deutlich auseinandergezogen war, konnte ich auch mehr auf der angenommenen Ideallinie laufen. Aufgezeichnet war sie nur noch an ganz wenigen Stellen, die Markierung soll von der Leichtathletik-WM 1987 übriggeblieben sein. Die nächsten Km gingen schön am Neckar entlang und um den Max-Eydt-See herum und waren mit 4:29, 4:39, 4:42 und 4:43 alle okay, der Puls war langsam von 84% auf 89% gestiegen, die Beine fühlten sich gut an und den offiziellen Km 10 erreichte ich nach 47:39. Waren das jetzt 9 Sekunden zuviel oder 19 Sekunden? Ich dachte immer, ich wäre gut in Mathe, aber beim Laufen funktioniert der Teil des Gehirns anscheinend deutlich schlechter. Wenn ich die Geschwindigkeit beibehalten kann und am Ende noch etwas zulegen, sollte das aber reichen. Km 11 lief ich dann sicherheitshalber mal in 4:41. Wobei inzwischen immer häufiger die Sonne herauskam, was im Grunde ja schön ist, aber auch gleich deutlich wärmer wurde als die bislang sehr angenehmen 13-17 Grad.
Ich weiß nicht, ob es daran lag, oder daran, dass ich mich bei km 12 fürchterlich beim Trinken verschluckte, jedenfalls wurde ich langsamer -unmerklich, aber stetig. 4:46, 4:47, 4:49, 4:52 und noch gut 6 km zu laufen. Was tun? Für das Traumziel von 1:39:59 wurde es langsam recht eng, für eine neue PB war hingegen noch reichlich Luft. Ich hätte bestimmt noch etwas mehr Gas geben können, aber ich hatte Angst. Über ein Jahr keinen Wettkampf gelaufen, und die am Anfang so angenehme Geschwindigkeit von 4:40 kannte ich ja nur aus Intervallen, nicht über 21 km. Was wäre, wenn ich jetzt beschleunige, dadurch völlig einbreche und mir sogar die PB versaue? Zumal ich wusste, es gibt noch 3 Steigungen: normalerweise völlig unbedeutend, aber am Ende eines Wettkampfes werden Brücken und Tunnel zu Mount Everests ...
Nee, die 1:40 soll beim nächsten Mal fallen. Ich laufe locker zu Ende, versuche nicht zuviel Zeit zu verlieren und hoffe, dass ich am Ende den Sprint nicht zu früh ansetzen muss. Die nächsten 3 Km waren mit 5:02, 5:00 und 4:58 noch im Rahmen, der nächste mit 5:24 erschreckte mich aber doch (wobei dieser besagte 2 Steigungen hatte). Wobei der Puls wieder auf 85% gesunken war inzwischen, das kenne ich sonst gar nicht. Eher ein Anstieg gegen Ende bei gleichbleibender Geschwindigkeit. Das habe ich aber eh erst beim Auswerten zu Hause festgestellt, unterwegs interessierte der Puls mich nun wirklich nicht. Also etwas angezogen und km 20 und 21 mit 5:06 und 4:51 bewältigt. Nun gab es nur noch das kleine Problem mit den unterschiedlichen Streckenlängen. War zwar nichts mehr dazugekommen, aber die letzten 195 Meter nach meiner Uhr waren in Wirklichkeit noch ca. 350. Da vorne war das 21er Schild, dann das Stadion, rechts um die Ecke, durch das Marathontor und dann noch etwas im Stadion. Seufz, das hilft alles nichts, da muss noch gesprintet werden. Wo mir danach im Ziel doch immer so übel wird. Mann, hab ich Leute eingesammelt auf diesem Stück. Die letzten 350 Meter waren im 3:30er Schnitt, das Passieren des Marathontors konnte ich nicht wirklich genießen, auf dem Zielfoto sehe ich bestimmt grauenerregend aus und natürlich war mir nach dem Zieleinlauf speiübel. Ist aber alles dringeblieben und die Zeit hat gereicht.
Auslaufen ging erstmal nicht, also gemütlich etwas durchs Stadion geschlendert. Die Tribünen waren gut gefüllt, das Volk jubelte und viele Läufer saßen schon entspannt auf dem guten neuen Rasen. Heftig getrunken, Apfel und Banane gegessen. Auf die Zeltdusche verzichtet, weil mein Rucksack außerhalb des Stadions wartete, dafür wurde mir kleinem Stinker später auch die professionelle Massage verweigert. War aber nicht so schlimm, da die Beine nicht wirklich erschöpft waren. Noch kurz bei der Siegerehrung zugeschaut und dann schnell vom Acker gemacht, da der Start der Minis über 2 km kurz bevorstand. Später noch 3 km locker ausgelaufen, den heimischen Kühlschrank geplündert und diesen Bericht geschrieben.

Fazit: Mit einer Netto-Zeit von 1:42:31 das Wunschziel Verbesserung der PB (um 40 Sekunden) erreicht. Damit bin ich auf jeden Fall zufrieden, aber ein wenig trauere ich einer verpassten besseren Zeit doch nach. Im Nachhinein bin ich mir sicher, dass ich noch was zuzusetzen hatte, ich fühle mich ja jetzt noch viel zu gut. Könnt grad wieder laufen gehen. Ist aber nicht schlimm, es gibt ja noch ein nächstes Mal und dann wird angegriffen. Und beim Ludwigsburger Citylauf am 25.06. blase ich zum Angriff auf die 10er-Zeit.

Hier noch die Splits (für insgesamt 21,35km aufgrund Ignorierens der Ideallinie; in Klammern der Puls):

Km  1: 4:37 (150)
Km  2: 4:38 (162)
Km  3: 4:30 (163)
Km  4: 4:49 (165)
Km  5: 4:48 (169)
Km  6: 4:54 (169)
Km  7: 4:29 (170)
Km  8: 4:39 (173)
Km  9: 4:42 (176)
Km 10: 4:43 (173) offiziell 47:39 für km 1-10
Km 11: 4:41 (174)
Km 12: 4:46 (175)
Km 13: 4:47 (176)
Km 14: 4:49 (174)
Km 15: 4:52 (171)
Km 16: 5:02 (166)
Km 17: 5:00 (165)
Km 18: 4:58 (165)
Km 19: 5:24 (164)
Km 20: 5:06 (164)
Km 21: 4:51 (166)
Rest:    1:16 (170)

Sonstiges: Verschiedene andere Wettbewerbe, insgesamt weit über 20.000 Teilnehmer.

Und hier noch die Garmin-Aufzeichnung von Pace (blau) und % der maximalen Herzfrequenz (braun):

Fieberkurve

 
 
Letzte Änderung: 26.12.2005 Home © by joefri